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C.G. Jung

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Die Psychologie von C.G. Jung

Quelle: Jolande Jacobi "Die Psychologie von C.G. Jung"
Um die Vorgänge in der menschlichen Seele nachzuvollziehen, sind die Schriften bzw. die Erkenntnisse C.G. Jungs aus meiner Sicht von unschätzbarem Wert, zumal sie einen eher rational zu beschreitenden Zugangsweg zur geheimnisvollen Welt des Psychischen und seiner Symbolik bieten. Man kann sich auf diesem Weg jedoch einem Verständnis nur annähern, nicht es erlangen, weil dies eben intuitiv und innerlich geschehen muss.
Trotzdem bieten seine Untersuchungen gerade im Bereich der alchemistischen Symbolik ("Psychologie und Alchimie") eine Hilfestellung, wenngleich - wie auch Jung betont - der eigentliche Zugang ein inner-seelisches Erleben dieser Symbole sein muss.

DIE BEWUSSTSEINSSTRUKTUR

Bewusstseinsstruktur

Bewusstseinsstruktur

Psyche und Seele sind zwei voneinander abgegrenzte Funktionskomplexe, bestehend aus zwei sich ergänzenden, in ihren Eigenschaften gegensätzlichen Sphären. Sie sind zueinander komplementär bzw. kompensatorisch.

Die Bewusstseinsschalen

Bewusstseinsschalen

Bewusstseinsschalen

Diese ist gegliedert in die Bewusstseinsebenen oder Bewusstseinsschalen.

Das ICH
Das ICH und das Bewusstsein dienen der Anpassung an die äußere Welt.
Das ICH „ist der Komplex von Vorstellungen, der mir das Zentrum meines Bewusstseinsfeldes ausmacht und mir von hoher Kontinuität und Identität mit sich selber zu sein scheint.“
„Es ist „besonders in unserer westlichen Kultur vor allem auf die Anpassung an die äußere Wirklichkeit eingestellt.„

Das Bewusstsein
Das Bewusstsein ist „die Funktion oder Tätigkeit, welche die Beziehung psychischer Inhalte zum ICH unterhält.“ . Dies bedeutet, dass all unsere sinnlichen Erfahrungen der äußeren Welt erst durch unser ICH hindurch müssen, um überhaupt wahrgenommen zu werden.
Es ist dies die „Vorstellung von der Welt“ im Sinne Schopenhauers. Jene Vorstellung, dass „diese ganze Welt, nur Objekt in Beziehung auf das Subjekt ist, Anschauung des Anschauenden, mit einem Wort ‚Vorstellung‘“
Diese durch die Sinne vermittelte Vorstellung macht dem Menschen „deutlich und gewiss, dass er keine Sonne kennt und keine Erde; sondern immer nur ein Auge, das eine Sonne sieht, eine Hand, die die Erde fühlt…“ (Schopenhauer „Die Welt als Wille und Vorstellung, Band 1)

Persönliches Unbewusstes
Ins persönliche Unbewusste sinken „Erfahrungen der äußeren Welt, die nicht durch das ICH hindurchgehen.“
Es sind dies:
Vergessenes, Verdrängtes, unterschwellig Wahrgenommenes. Jederzeit jedoch können diese Erfahrungen, die aus der persönlichen Erlebensgeschichte des Individuums stammen, wieder ins Bewusstsein gehoben werden.

Kollektives Unbewusstes
Das darunterliegende und alles Umschließende schließlich, das kollektive Unbewusste birgt in sich „ererbte Möglichkeiten des psychischen Funktionierens überhaupt“
„Dieses Erbgut ist allgemein menschlich, ja sogar vielleicht allgemein tierisch und bildet die Grundlage des individuell Psychischen überhaupt.“ Es enthält „typische Reaktionsweisen der Menschheit seit ihren Uranfängen …also z.B. Situationen wie Angst, Gefahr, Kampf gegen Übermacht, Beziehung der Geschlechter … väterliche und mütterliche Gestalten, Haltungen zu Hass und Liebe, zu Geburt und Tod …“

„Das Unbewusste ist älter als das Bewusstsein. Es ist das ursprünglich Gegebene, aus dem sich das Bewusstsein immer wieder neu hervorhebt.“
Die seelische Tätigkeit ist eine Funktion des Unbewussten.

Kompensation
Das Unbewusste verhält sich kompensatorisch zum Bewusstsein in dem Sinne, dass es einer nach außen angepassten Reaktion des Bewusstseins die entsprechende Reaktion aus dem Fundus der Menschheitsgeschichte, der menschlichen Erfahrung gegenüberstellt um damit dem „Menschen eine dem Total-Psychischen gemäße, adäquate Haltung zu ermöglichen.“
Es wird hier also, einfach ausgedrückt jedem Menschen (und vor allem dem Tier) in einer extremen, vielleicht lebensbedrohlichen Situation oder Gefahr, ein bereits durchlebtes und bewährtes Handlungsmuster zur Verfügung gestellt, über das er verfügen kann, in das er „zurückfallen“ kann und sich dieses möglicherweise seinem bewussten Verhaltensrepertoir eingliedern kann.

Die psychische Totalität und ihre Grundfunktionen

Die psychische Totalität und ihre Grundfunktionen

Die psychische Totalität und ihre Grundfunktionen

Es sind psychische Grundfunktionen, die in jedem Wesen veranlagt sind: das Denken, das Intuieren, das Fühlen und das Empfinden.

Eine psychische Grundfunktion ist nach Jung eine bestimmte „unter verschiedenen Umständen sich gleichbleibende psychische Tätigkeit, die von den jeweiligen Inhalten völlig unabhängig ist“. Es geht hierbei darum, wie man an die herantretenden Inhalte der inneren und äußeren Erfahrungswelt herangeht, etwa mit dem Denken oder dem Gefühl.

Die rationalen Funktionen
Man spricht bei Fühlen und Denken von den „rationalen Funktionen“, weil beide bewerten. Beide schließen sich gegenseitig aus.
Das Denken ist diejenige Funktion, die „vermittels einer Denkarbeit … d.h. begrifflicher Zusammenhänge und logischer Folgerungen … zum Verstehen der Gegebenheiten der Welt und der Anpassung an sie zu gelangen sucht.“ Wahr und Falsch sind hier die beiden Standpunkte der Bewertung.
Beim Fühlen wird bewertet nach „angenehm, unangenehm“ oder als Aktion „annehmen, abwehren“.



Die irrationalen Funktionen
Dem gegenüber stehen die beiden „irrationalen Funktionen“ der Wahrnehmung:

Das Intuieren und das Empfinden – beides sind bloße Wahrnehmungen ohne zu bewerten.
Das Empfindennimmt die Dinge so wahr, wie sie sind.
Das Intuieren ist eine „innere Wahrnehmung der Möglichkeiten, die in den Dingen liegen.

Auch diese beiden Arten der Wahrnehmung schließen sich gegenseitig aus.

Beispiel:
Während der Empfindungstypus bei Betrachten einer blühenden Wiese, die Blumen, Farben und Düfte registriert, nimmt der Intuitive die Gesamtstimmung, das im Hintergrund Wirkende und Verbindende wahr.

Anlagemäßig besitzt jeder Mensch alle vier Funktionen, um sich im Gegenwärtigen zu orientieren. Je nach individueller Anlage ist jedoch eine Funktion dominant, die superiore Funktion. Diese ist bestimmend für den Typus des Individuums. Der sich daraus ergebende individuelle psychologische Typus ist „das Gerüst oder Skelett, das die spezifische Haltung gegenüber dem Stoff der Erlebnisinhalte präjudiziert und modifiziert.“
Dieser in der lichten Seite unseres Bewusstseins angesiedelten superioren Funktion steht die inferiore (minderwertige) Funktion in der dunklen Bewusstseinshemisphäre gegenüber diese steht dem bewussten Willen nicht zur Verfügung. Die beiden verbleibenden Funktionen sind als Hilfsfunktionen zu betrachten.
Diese vier gegebenen Funktionen lassen sich nicht weiter reduzieren, „da sie alle gegebenen Möglichkeiten erschöpfen.
Wären nun alle vier Funktionen ins Licht des Bewusstseins gehoben, so ergäbe sich ein vollkommener Mensch. Ein Weg zur Annäherung an dieses „Rundsein“ wäre es einen Gegenstand nacheinander alle Wahrnehmungstypen durchlaufen zu lassen (angezeigt durch Pfeile in der Figur unten):

Mit dem Denken den Gegenstand erkennend erfassen .
Mit der Intuition seine inneren Möglichkeiten erspüren.
Mit der Empfindung ihn umtasten.
Mit dem Fühlen sein Angenehm- oder Unangenehm sein bewerten.


Die bewussten oder „differenzierten“ Funktionen erkennt man „
an ihrer Stärke, Unerschütterlichkeit, Konsequenz, Verlässlichkeit und Angepasstheit.

Einstellungstypen

Neben dem Funktionstypus unterscheidet Jung noch zwei Einstellungsweisen, d.h. die „Reaktionsweise des Menschen auf das, was von außen oder innen an ihn herantritt.“ Dieser Reaktionstypus bestimmt die Art des Handelns, die subjektiven Erfahrungen und die Kompensationsmechanismen – so die spezifische Erfahrung formend.

Es sind dies die Introversion und die Extraversion, die sich wie folgt unterscheiden:

Introversion und Extraversion im Vergleich

Introversion

Extraversion

Negatives Verhältnis zum Objekt

Verhalten vornehmlich von subjektiven Faktoren bestimmt, daher eine eher schlechte Anpassung an die Außenwelt


Das Subjekt ist Ausgangspunkt der Orientierung

Positives Verhältnis zum Objekt

Anpassungs- und Reaktionsform sind mehr nach äußeren, kollektiv gültigen Normen (z.B. Zeitgeist) bestimmt


Denken, Fühlen, Handeln in Bezug auf ein
Objekt

Funktionstypus und Einstellungstypus

Introversion

Extraversion

Spezifische Erfassung und Formung des Erlebten (psychische Tätigkeit), Nicht eindeutig bestimmt

Die psychologische Haltung als Richtung der allgemeinen psychischen Energie (psychische Einstellung), Fest verankert

Extraversion und Introversion verhalten sich ebenfalls kompensatorisch. Ein extravertiertes Bewusstsein wird kompensiert durch ein introvertiertes Unbewusstes.

Interessant ist hier bei folgender Mechanismus, den Toni Wolff beschreibt:

Das Unbewusste des Extravertierten ist introvertiert, allerdings, wegen der Unbewusstheit in undifferenzierter und zwangs- oder triebhafter Form … Damit wird aus dem … mit aller Welt in Einklang stehenden Menschen … ein egozentrisches, kritisierendes, nörgelndes Individuum …Der automatische Übergang von der bewussten zur gegensätzlichen unbewussten Haltung ist häufig daran zu erkennen, dass die eigenen negativen Seiten … an einem Objekt von gegensätzlichem, also introvertiertem Typus festgestellt, bzw. auf dieses projiziert werden …“
Der umgekehrte Projektionsmechanismus des im Bewusstsein Introvertierten kann dazu führen, dass er sich übermäßig stark mit Erscheinungen der Natur identifiziert und diesen magische Bedeutung verleiht. Intensive Affekte, wie Hass oder Liebe erleichtern das Auslösen des Projektionsmechanismus.
Es gibt bestimmte Situationen, wo die „Einseitigkeit des Einstellungshabitus eine Anpassung an die Realität unmöglich macht“ - eine Art Infragestellung des eigenen Verhaltens.
Prallen zwei Menschen mit gegensätzlichem Einstellungstypus aufeinander, so projiziert man seine eigenen unentwickelten Eigenschaften auf dieses Gegenüber in Form von Schuldzuweisungen. Die eigentlichen Bilder dieser Projektion liegen aber in einem selbst, bloß unbewusst.
Die Lösung besteht hier darin den in mir latent vorhandenen gegensätzlichen Einstellungshabitus bewusst anzunehmen und zu entwickeln, zu leben.

Solche Entwicklungsanreize treten in der Regel in der Lebensmitte auf und sollten ernst genommen werden.
Problematisch wird es, wenn keine der vier Funktionen im Leben eines Menschen entwickelt wurden. Es zeigt sich dann das Bild des „puer aeternus“, des ewigen Jünglings, der die Pubertät (nach der die Funktionen differenziert sein sollten) nie überschreitet.
Symptome seines Verhaltens sind:

Infantiles, kindliches Individuum
Unsicherheit
Ständiges Schwanken in all seinen Äußerungen, Urteilen und Taten
Beeinflussbarkeit
Verstecken hinter konventioneller, starrer Maske

Entscheidend ist, dass die anlagemäßig im Menschen am stärksten ausgeprägte Funktion, die mit der er sich am besten im Leben zurecht finden wird und die ihn dort verankert, als erstes ausgeprägt wird – in der Jugend. Erst dann sollten die weniger differenzierten Funktionen entwickelt werden.

Der anlagemäßige Einstellungstypus beherrscht die erste Lebenshälfte – in der zweiten Lebenshälfte hat der Mensch die Aufgabe auch den entgegengesetzten Einstellungstypus bewusst zu entwickeln.

Das Ziel ist hierbei die möglichst große Annäherung an eine Ganzheit der Psyche.

Das Typenproblem beim schöpferischen Menschen

Seinen ihm eigenen – differenzierten –Funktionstypus, ebenso wie seinen Einstellungstypus kennt der Mensch in aller Regel nicht.

Bei Künstlernaturen kann man häufig beobachten, dass in ihrem Werk der zu ihrem im Leben vorherrschenden der diesem gegensätzliche Typus zum Ausdruck kommt, als Ergänzung.
Andererseits gibt es aber auch den Fall der Erhöhung, wo der gelebte Einstellungstypus erhöht, idealisiert und übersteigert wird.
Nach Jung entsteht „das extravertierte Schaffen … durch das künstlerische Ausformen des im Außen erlebten, das introvertierte Schaffen hingegen ‚geschehe‘ durch ein Überwältigt werden von den Inhalten des Innern, die dem Künstler bedeutungserfüllt in die Feder oder den Pinsel fließen.
Der eigentliche schöpferische Prozess besteht nach Jung „in einer Belebung, der im Unbewussten ruhenden ewigen Symbole der Menschheit und in ihrer Entwicklung und Ausgestaltung bis zum vollendeten künstlerischen Werk.

Zum eigentlichen Geheimnis der Kunstwirkung äußert Jung sich folgendermaßen:
Wer mit Urbildern spricht, spricht wie mit tausend Stimmen, er ergreift und überwältigt, zugleich erhebt er das, was er bezeichnet, aus dem Einmaligen und Vergänglichen in die Sphäre des immer Seienden, er erhöht das persönliche Schicksal zum Schicksal der Menschheit, und dadurch löst er auch in uns alle jene hilfreichen Kräfte, die es der Menschheit je und je ermöglicht haben sich aus aller Fährnis zu retten und auch die längste Nacht zu überdauern…

Falsch ist die Annahme die Intuition sei die im Künstler, seinem schöpferischen Einfall, dominant wirkende Funktion. Quelle des schöpferischen Einfalls ist vielmehr die Fantasie, nicht als eigenständige, zusätzliche Funktion, sondern als Beigabe zu bestehenden Funktionen zu verstehen!
Da Typus des Künstlers und Typus des Werkes unterschiedlich sein können, so darf nie „aufgrund des Inhalts (des Werkes), sondern nur der Verarbeitungsweise auf den Typus des Künstlers geschlossen werden.“ Was den Künstler vom „gewöhnlichen“ Menschen unterscheidet „ist neben dem Reichtum, der Originalität und der Lebendigkeit der Fantasieprodukte in erster Linie seine Fähigkeit zur formenden Kraft, mit welcher er seine Einfälle zu gestalten, sie zu einer organisch-ästhetischen Ganzheit miteinander zu verbinden vermag.

Schöpferkraft ist stärker als der Mensch.

Vollkommenheit der künstlerischen Gestaltung ist nicht gleichbedeutend mit der Vollkommenheit des Künstlers. Hierzu müsste völlige Bewusstheit gegenüber den verwendeten Bildern oder Visionen da sein, nicht nur passives Zuschauen oder Erleben des Gestalteten.

Nicht vermag die Höhe der künstlerischen Gestaltung auch den dahinterstehenden Menschen zu solchen Höhen zu heben, wie man den Künstlerbiografien leicht entnehmen kann. Oft ist die Tiefe des seelischen Abgrundes proportional zu Höhe der Gestaltung.

Extraversion und Introversion sind jede für sich weder gut noch schlecht, weder besser noch schlechter als ihr entgegengesetzter Einstellungstypus, da beide ihren Sinn und ihre Zeit haben, in allen Bereichen des Lebens. Das Mittelalter war z.B. eher introvertiert, die Renaissance mehr extrovertiert; die Pubertät ist mehr extrovertiert, während das Klimakterium mehr der Introversion zugehörig ist usw.

Die acht psychologischen Typen

Verknüpft man die beiden Einstellungstypen mit den vier Grundfunktionen, so ergeben sich insgesamt acht psychologische Typen:

Der extravertierte Denktypus
Der introvertierte Denktypus
Der extravertierte Fühltypus
Der intravertierte Fühltypus
Der extravertierte Empfindungstypus
Der intravertierte Empfindungstypus
Der extravertierte Intuitionstypus
Der intravertierte Intuitionstypus.

Dadurch ergibt sich „eine Art von Kompass, mittels dessen wir uns in der Struktur der Psyche orientieren können.

Persona

Es ist dies „die allgemeine psychische Verhaltensweise des Menschen gegenüber seiner Umwelt.“ Mittels ihr tritt der Mensch mit der Außenwelt in Berührung. Sie ist der Teil des Ich , der sich der Außenwelt zuwendet. Hauptfunktion ist das Denken.

Persona ist nicht zu verwechseln mit Individualität. Die Persona ist ausschließlich auf die Objekte der Außenwelt bezogen. „Persona ist ein Kompromiss zwischen Individuum und Sozietät über das, als was einer erscheint.

Persona ist durch drei Punkte bestimmt:

(1) dem eigenen Ich- oder Idealbild

(1) dem Bild, das die Umwelt sich von ihm macht

(3) den Bedingtheiten des Außen, die eine Anpassung des Ich-Ideals verlangen

Durch Beachtung dieser drei Punkte in ihrer Gesamtheit und der Findung des bestmöglichen Kompromisses (Aussteuerung) wird die Persona der Persönlichkeitsentwicklung förderlich wirken.
Wer nur Punkt 2 beachtet wird zum Massenmenschen, wer nur Punkt 1 beachtet, zum Einzelgänger.

Zur Persona gehören neben den psychischen Eigenschaften all unsere Umgangs – und Ausdrucksformen, wie Haltung, Gang, Haartracht, Kleidung, gewohnheitsmäßiges Lächeln usw.
Die durch die Persona bedingte Anpassung kann, wenn übertrieben, die Individualität (das was einer seinem wahren Wesen nach ist) verkümmern lassen, zur starren Maske werden. So versteckt man sich dann hinter Rang, Titel, oder Amt – als Kompensation von inneren Unzulänglichkeiten, Unentwickeltem.
Ein gesunder Umgang mit der Persona besteht darin, diese – je nach Situation – wie einen Anzug zu wechseln und sich ihrer in jeder Situation bewusst zu sein!

Diese Anpassung an die Umwelt sollte mit der superioren Funktion erfolgen, nicht mit einer unterentwickelten (minderwertigen oder Hilfsfunktion). Denn dann erfolgt „die Anpassung an die Umwelt „auf stereotyp falsche oder ungeschickte Weise“, wie beim ewigen Pechvogel oder beim Elefant im Porzellanladen. Es entwickelt sich derart kein „Instinkt für richtiges oder angepasstes Verhalten.“

Falsch ist also jedwede übermäßige Identifikation mit der Persona, sei es nun das Streben eine gesellschaftliche Größe im Sinne des kollektiven Bewusstseins zu werden oder, was noch gefährlicher ist –eine Identifikation mit Inhalten des kollektiven Unbewussten, im Sinne von Größenwahn (Held, Menschheitserlöser) oder Kleinheitswahn.

Die Persona muss, um „gesund“ zu wirken immer verbunden sein mit dem eigenen Ich (wahres Wesen) und sollte immer nur im Sinne einer bewussten Anpassung verwendet werden.

Die Inhalte des Unbewussten (das kollektive UB)

Unterhalb der Bewusstseinsschwelle befindet sich das persönliche Unbewusste, darunter das kollektive Unbewusste und als unterste Schicht die Urnatur, das objektiv Psychische, das seinem Wesen nach unergründlich ist.
Es ergibt sich folgender Aufbau, ontogenetisch betrachtet

ICH-Bewusstsein

Denken, Intuieren, Fühlen, Empfinden, Anpassung des ICH an die Aussenwelt

DIE BEWUSSTSEINSSCHWELLE

--------------------

Persönliches Unbewusstes

Erinnerungen, Verdrängtes

Kollektives Unbewusstes

Psychische Inhalte des Artwesens Mensch und seiner Evolution, die „Erbmasse der Menschheitsentwicklung“ (Jung)

Urnatur, das Objektiv-Psychische

unergründlich

Zwischen diesen Schichten kommt es zu einem ständigen Austausch von Inhalten, bewusst sind jedoch nur solche, die die Bewusstseinsschwelle überschreiten. Im Gegensatz zum Bewusstsein werden psychische Inhalte im UB nicht bewertet (=unpersönliche Objektivität der Natur) sondern hier wirkt mehr ein Streben nach psychischer Ganzheit vor, keine ich-bezogene Zielgerichtetheit.

Die Psyche ist so betrachtet eine „bewusst – unbewusste Ganzheit

Phylogenetisch betrachtet ergibt sich folgende Strukturierung.

Die Archetypen

Inwieweit psychisches Geschehen aus dem persönlichen Unbewussten schöpft oder aus den tieferen Quellen des Kollektiven UB erkennt man an der Art der zugrundeliegenden Traummotive, Fantasien oder Visionen.

Diese können eher persönlicher Natur sein oder kollektiver Natur. Zur zweiten Gruppe gehören jene Motive menschengeschichtlicher oder mythologischer Natur, die zum Beispiel in Mythen oder Märchen auftauchen und meist symbolischer Natur sind. Ebenso gibt es eine Proportionalität zwischen der Intensität psychischer Reaktionen und der Tiefe ihrer Quelle: Je intensiver eine Reaktion, desto tiefer ihr Ursprung.

Unterschieden wird von Jung zwischen dem Archetypus an sich (Archetypus per se), dem Urbild, das nicht bewusst wahrnehmbar der psychischen Struktur innewohnt und jenem der in den Bewusstseinsbereich eingetreten ist als archetypisches Bild, Vorgang oder Prozess.

Unbewusste archetypische Vorgänge können ins Bewusstsein treten und dort sichtbar werden als Bilder, so etwa „das Werden des Ich“, „der Alterungsvorgang“ als Erlebens- und Erleidensformen.

Es beruhen grundsätzlich alle allgemein-menschlichen Lebensäußerungen auf Archetypen. Auch gibt es hier Stufenfolgen, je nach Umfang der betroffenen Gruppe (Volk, Stamm, Familie), deren Eigenschaften sie verdeutlichen.

Es handelt sich bei den Archetypen um bestimmte Verhaltensprogramme, die im Laufe der Menschheitsentwicklung ja der Entwicklung des Lebens überhaupt entstanden, gespeichert wurden und auf die in bestimmten Situationen unbewusst zugegriffen wird – eine Art von Verhaltensautomatismus, unbewusstem Verhaltensrepertoir gespeist aus einem zugrundeliegenden Verhaltensspeicher.

Nach Jung handelt es sich beim archetypischen Verhaltennicht um eine ‚vererbte Vorstellung‘, sondern um ererbte Bahnungen, d.h. um einen vererbten Modus der psychischen Funktion, also jene angeborene Art und Weise, nach der das Hühnchen aus dem Ei kommt, die Vögel ihre Nester bauen, eine gewisse Wespenart das motorische Ganglion einer Raupe mit dem Stachel trifft und die Aale ihren Weg nach der Bermuda finden, also um einen ‚pattern of behaviour

Dieser Aspekt des Archetypus ist der biologische; mit ihm beschäftigt sich die wissenschaftliche Psychologie. Dieses Bild ändert sich aber sofort gänzlich, wenn es von innen, d.h. im Raume der subjektiven Seele angeschaut wird. Hier erweist sich der Archetypus als numinos, d.h. als Erlebnis von fundamentaler Bedeutung. Wenn er sich in entsprechende Symbole kleidet, was nicht immer der Fall ist, dann versetzt er das Subjekt in den Zustand der Ergriffenheit, deren Folgen unabsehbar sein können

Der Bereich des Bewusstseins ist ein Sammelsurium psychischer Inhalte, wobei die archetypischen Teile häufig durch „aktuellere“ Inhalte überdeckt sind. Die Inhalte im Bewusstseinsraum sind durch den Willen lenkbar, jene im archetypischen Bereich entziehen sich dieser Kontrolle.

Sie sind vergleichbar psychischen Kraftfeldern, mit ihrer eigenen Struktur und Ordnung – ins Unbewusste fallende Inhalte von der oberen, bewussten Schicht werden von diesen Kraftzentren angezogen und deren Ordnung unterworfen, im Sinne einer Bedeutungsänderung, Formwandlung.

Diese innere Ordnung gibt Stabilität bei den Erschütterungen des Lebens. Durch diesen Wirkmechanismus kann die bewusste Einstellung von innen (oder unten) verändert werden – das Alltagsbild wird archetypisch (mythologisch) verformt (der Vater wird z.B. zum tierköpfigen Menschen mit Bocksbeinen oder Zeus mit Donnerkeil, Frau als Hexe)

Im Gegensatz zu Platos Ideenlehre, die zwischen dem reinen geistigen Urbild, das in der Ideenwelt beheimatet ist und dem im menschlichen gelegenen Abbild unterscheidet, birgt Jungs Archetypus beide Pole in sich, immanent.

Archetypen sind „in etwa dem Achsensystem des Kristalls zu vergleichen, welches die Kristallbildung in der Mutterlauge gewissermaßen präformiert (der Archetypus per se) ohne selber eine materielle Existenz zu besitzen. Diese Existenz erscheint erst in der Art und Weise des Anschließens der Ionen und dann der Moleküle … Das Achsensystem bestimmt somit bloß die stereometrische Struktur, nicht aber die konkrete Form des individuellen Kristalls … und ebenso besitzt der Archetypus .. zwar einen invariablen Bedeutungskern, der stets nur im Prinzip, nie aber auch konkret seine Erscheinungsweise bestimmt.

In gewisser Weise sind Archetypen im weitesten Sinne „formgebende Muster(Felder)“ für Körperbildung, Wachstum, Verhalten einer Gattung, wie der Bauplan, der aus dem Ei das Huhn werden lässt. (siehe auch "Morphogenetische Felder")

Das archetypische Bild liegt im Dunkel des Unbewussten, von dem Moment an, wo es relevant wurde als Erfahrungsmuster, als Teil des kollektiven Erfahrungsschatzes. Je höher es ins Bewusstsein steigt, desto stärker und klarer wird es konturiert.

Im Schlafe und im Traume machen wir das ganze Pensum früheren Menschentums durch“, sagt Nietzsche.

Und Jung hält die Vermutung, dass „auch in der Psychologie die Ontogenese der Phylogenese entspreche“ für „gerechtfertigt“

Archetypische Vorstellungen sind „Selbstabbildungen der Instinkte“, sind „Bild gewordene psychische Abläufe, als Urmuster menschlicher Verhaltensweisen.“

Archetypen sind die Urbilder der Erscheinungen“ der materiellen Welt.

–Seinem Wesen nach ist der Archetypus „metaphysisch, weil er bewusstseinstranszendent ist“.
–Er kann in den verschiedensten Erscheinungsformen auftreten, seine Gestalt bleibt immer erhalten, nur der Inhalt wechselt.
–Der Grad der Unbestimmtheit und Einfachheit eines Archetypus ist Maß für die Tiefe seiner Herkunft.
–Erst Zeitnähe und persönliche Betroffenheit geben ihm sein „Kleid“.
–Der Archetypus des Weiblichen urständet im Urbild der Mutter, des Mütterlichen schlechthin, der „Großen Mutter“.
–So steht am“ Anfang jeder Bewusstwerdung die Unterscheidung des Ich von der Mutter“

Bewusstwerdung" jedoch ist:
"Weltwerdung durch Unterscheidung. Bewusstheit schaffen, Ideen formulieren, das ist das Vaterprinzip des Logos, das sich im unendlichen Kampfe immer wieder der Urfinsternis des mütterlichen Schoßes, dem Reich des Unbewussten entwindet. Im Anfang waren beide eins, und es kann niemals das eine ohne das andere sein, so wie Licht in einer Welt, in der das Dunkel ihm nicht gegenüberstünde, seines Sinns enthoben wäre.

„Die Welt besteht nur, weil sich ihre Gegensätze die Waage halten.“

symbolische Bildersprache

Das Unbewusste bedient sich einer symbolischen Bildersprache, spricht in Gleichnissen. Eine solche Symbolreihe wäre z.B. Sonne-Löwe-König-vom Drachen bewachter Goldschatz-Lebenskraft

Die Anzahl der im Unbewussten enthaltenen Archetypen ist durch die Tatsache begrenzt, dass sie den „typischen Grunderlebnissen“ menschlicher Erfahrung entspricht – den „Urerfahrungen“. Man findet diese Bilder in allen Mythologien und Märchen, da sie einen der gesamten Menschheit zugänglichen und zugehörigen Erfahrungsschatz darstellen.

Beispiele:

Die Nachtmeerfahrt, der wandernde Held, der Walfischdrachen als Symbole von Sonnenuntergang und Wiedergeburt.

Der feuerraubende Prometheus, der drachentötende Herakles, die Schöpfungsmythen, der Sündenfall, die Opferungsmysterien, die jungfräuliche Geburt, der heimtückische Verrat am Helden, die Zerstückelung des Osiris – alle diese Bilder stellen psychische Abläufe dar.

Andere Bilder sind: die Schlange, der Fisch, die Sphinx, die hilfreichen Tiere, der Weltenbaum, die Große Mutter, der verzauberte Prinz, der puer aeternus, der Magier, der Weise, das Paradies

„Die Summe der Archetypen“ bedeutet „die Summe aller latenten Möglichkeiten der menschlichen Psyche: ein ungeheures, unerschöpfliches Material an uraltem Wissen um die tiefsten Zusammenhänge zwischen Gott, Menschen und Kosmos“ (Jacobi, S.54)

Der Archetypus als Urquelle der gesamtmenschlichen Erfahrung liegt im Unbewussten, von wo aus er machtvoll in unser Leben eingreift.“

Synchronizität

Jung schlägt die Brücke vom Archetypus zu bestimmen ESP (extra-sensory perception) – Phänomenen wie Telepathie, Hellsehen, Wundern …

Es ist die Synchronizität als „ein die Kausalität ergänzendes Erklärungsprinzip“, definiert als „zeitliche Koinzidenz zweier oder mehrerer nicht kausal aufeinander beziehbarer Ereignisse gleichen oder ähnlichen Sinngehalts“.
Es ist ein Prinzip, „das sich der anerkannten Triade Raum, Zeit, Kausalität als viertes anschließt.
Was hier wirkt und deutlich wird sind im Grunde Entsprechungen zwischen Mikro- und Makrokosmos, Analogien zwischen Innenbild und äußerem Ereignis.

Seelenführung

Nicht umsonst haben die archetypischen Bilder und Erlebnisse seit jeher zum Inhalt und zum wertvollsten Gut sämtlicher Religionen unserer Erde gehört. Und trotzdem sie vielfach dogmatisch eingebaut und ihrer ursprünglichen Form entkleidet wurden, wirken sie auch heute noch in der Psyche besonders dort, wo der religiöse Glaube im Menschen noch lebendig ist, mit der ganzen elementaren Gewalt ihres sinnschwangeren Gehalts, ob es sich nun um das Symbol des sterbenden und auferstehenden Gottes, das Geheimnis der unbefleckten Empfängnis im Christentum, den Schleier der Maya bei den Indern oder das Gebet gegen Osten bei den Mohammedanern handelt. Nur dort, wo Glauben und Dogma zu leeren Formen erstarrt sind, und dies ist ja zum größten Teil in unserer hochzivilisierten, vertechnisierten, von der Ratio beherrschten Welt der Fall, haben auch sie ihre magische Kraft eingebüßt und den Menschen halt- und hilflos, der Unbill von Außen und Innen preisgegeben, zurückgelassen.

Die Einsamkeit und Verwirrung des modernen Menschen aufzuheben, seine Einbettung in den großen Lebensstrom zu ermöglichen, ihn zu einer Ganzheit, die seine lichte Bewusstseinsseite zur dunklen des Unbewussten wissend und wollend rückverbindet, zu verhelfen – ist Sinn und Zweck der Jungschen Seelenführung.“ (J. Jacobi)

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